Die Differenz denken
Zur Kritik des Geschlechterverhältnisses
Die philosophische Begründung eines solchen Projektes muss sowohl über den essentialistischen Ansatz hinausgehen, der nur »Unterschiede« zwischen den Geschlechtern festzuschreiben versucht, als auch über die konstruktivistischen Theorien des »gender«, mit denen seit Judith Butler die gesellschaftliche Determiniertheit dessen, was die Identität von »Frau« ist, beschrieben wird. Die der Identitätskonstruktion vorausliegende, philosophische Dimension wird vor allem von französischen Philosophinnen thematisiert.
.... Geneviève Fraisse und Luce Irigaray gehen nicht von der Identität, sondern vom Denken der Differenz zweier Geschlechter aus. Geneviève Fraisse führt die »Geschlechterdifferenz« als eine Denkfigur ein, als ein zu untersuchendes Theorem, mit dem das Geschlechterverhältnis zum Gegenstand der Reflexion werden kann. Ein solcher Begriff fehlt im philosophischen Diskurs, so lautet ihre zentrale These. Luce Irigarays Intention ist es, die »Frau« als bisher aus dem philosophischen Diskurs Ausgeschlossene in denselben zurückzuführen. Sie denkt das Geschlechterverhältnis als »irreduzible Andersheit«, in der sich die Geschlechter als einander unbegreiflich und unerfassbar anerkennen. Erst in einem solchen Denken der Differenz, in der sich die Geschlechter nicht als gleiche oder verschiedene, sondern als einander irreduzibel Andere gegenübertreten, ist die Entwicklung einer je besonderen Subjektivität möglich.
Drygala zeigt in einer übersichtlichen Argumentation die Grundlinien dieses feministischen Differenzdenkens ... und bietet damit eine gute Einführung in ein brisantes Gebiet der Gegenwartsphilosophie.