Ende des 18. Jahrhunderts verbreitete sich unter englischen Adeligen eine geradezu exzentrische Mode: Sie bezahlten Eremiten, damit diese in ihren Gärten in eigens eingerichteten Einsiedeleien als »lebender Schmuck« wohnten. Die Tradition hat diese sonderbaren und zugleich faszinierenden Figuren als »Schmuckeremiten« bezeichnet. Die Einsiedler verpflichteten sich dazu, strenge ästhetische Regeln und Verhaltensregeln einzuhalten: Sie durften jahrelang weder Haar noch Bart und Nägel schneiden, mussten in vollkommener Abschottung leben und gelegentlich die Gäste ihrer Arbeitgeber unterhalten.
Wie kam es aber dazu, dass es plötzlich vorstellbar wurde, einen Anachoreten für den eigenen Landschaftsgarten anzuheuern? Welche Rolle spielten die Schmuckeremiten im Kontext der europäischen Säkularisierung? Waren sie einsame Weise, Performer oder etwa die leibhaftigen Vorgänger der heutigen Gartenzwerge?
Dieses Buch rekonstruiert die historischen und kulturellen Wurzeln, die politischen und ästhetischen Spannungen und nicht zuletzt den religiösen Stellenwert dieser einzigartigen und oft verkannten »Berufsasketen«.
Biographisches:
Antonio Lucci, Studium der Philosophie und Geschichte in Rom und Triest (Promotion 2012), forscht und lehrt im Bereich der Kulturwissenschaft und Kulturphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und am IFK Wien. Er ist derzeit Fellow am FIPH Hannover. Zu seinen jüngsten Publikationen zählen
True Detective. Una filosofia del negativo (Il Melangolo: Genua 2019) und (als Mitherausgeber)
Potential Regieren. Zur Genealogie des möglichen Menschen (Paderborn: Fink 2018).
Federica Romanini, Studium der Philosophie in Triest, ist Übersetzerin in Wien.