Atmen beim Lesen
Bibliotheken im Industriezeitalter
Hg. von Karin Harrasser und Thomas Macho
Problematisch ist im 19. Jahrhundert die Umweltverschmutzung; der Gang zur Bibliothek führt durch Schmutz und Smog. Karl Marx beschwert sich über den »Stadtnebel«, der den Lesesaal zur vorzeitigen Schließung zwingt. Belüftungsanlagen und Ventilationseinrichtungen werden entworfen und eingesetzt, um das Atmen beim Lesen zu stützen. Der Lesesaal wird zur Klimaoase.
Hygiene heißt das neue Wissen von der schlechten Luft und dem, was sie transportiert: Staub, Ruß, Keime, Bazillen. Lehrstühle und Institute widmen sich diesem Wissen, Zeitschriften tragen es um die Welt. Das Interesse ist groß, und wer sich kundig machen will, geht in die Bibliothek. Dort wird die Alltagserfahrung des modernen Stadtmenschen problematisiert. In den Lesesälen kommen die hygienischen Diskussionen zusammen, dort sind sie präsent wie nirgends sonst. In den Lesesälen wird eine künftige Welt erdacht, in der wir nicht so schnell sterben.