Der individuelle Mythos des Neurotikers
oder Dichtung und Wahrheit in der Neurose
Hg. von Jacques-Alain Miller in der Reihe "Lacans Paradoxa"
Aus dem Französischen von Hans-Dieter Gondek
Lacan investiert diese Lektionen in die Psychoanalyse. In seinem Ringen mit einem unmöglich zu symbolisierenden Realen produziert das Subjekt ein phantasmatisches Szenario, das ein stilisiertes Verhalten in Szene setzt, welches das Aussehen einer wahrhaften Zeremonie annehmen, ja von einem kurzen Wahn begleitet sein kann. Das Übereinanderlegen des Freud’schen Falls des »Rattenmanns« und einer Episode aus Goethes Jugend, seiner Leidenschaft für die schöne Friederike, ermöglicht es, die Formel für die Phantasievorstellung beim Neurotiker freizulegen: Jedes Mal, wenn es ihm gelingt, mit sich selbst eins zu sein, verdoppelt sich sein Sexualpartner; wenn sein Liebesleben zur Einheit gelangt, taucht daraufhin ein narzisstisches Double auf, das per Prokura an seiner Stelle lebt.
Zwei weitere Texte vervollständigen den berühmten Vortrag, der dem Band seinen Titel gibt: ein Vortrag über die religiöse Funktion des Symbols, Anlass für einen zwerchfellerschütternden Dialog mit Mircea Eliade; eine Lévi-Strauss gestellte Frage über die Beziehung der Mythen mit der konkreten Struktur der primitiven Gesellschaften.«
(Jacques-Alain Miller)