Lazarus entwirft ein neues (linkes) Denken des Politischen, das ohne unwirksam gewordene Leitbegriffe wie Klasse, Proletariat, Masse etc. auskommt. Er geht von dem offenen Begriff »Leute« aus, die zum Denken aufgerufen werden.
Die Politik gehört der Ordnung des Denkens an. Aber nicht in dem Sinne, dass sie nur abstraktes Denken oder bloße Theorie wäre, sondern vielmehr in dem Sinn, dass sie aus den anthropologischen Verflechtungen des konkreten Denkens der Leute selbst hervorgeht. Die Leute denken und dieses Denken ist ein Verhältnis im »Realen« – diese zweifache These ist der Ausgangspunkt des Buches. In diesem Sinn ist es der Versuch, Politik »als Denken« zu erfassen.
Alain Badiou bekennt an mehreren Stellen, dass seine politische Theorie im Wesentlichen Sylvain Lazarus verpflichtet ist. Durch keinen anderen Autor wurde Badious sogenannte Metapolitik derartig geprägt wie durch diesen früheren Weggefährten: »Es ist ganz einfach so, dass mein Denken an diesem Punkt von Lazarus abhängig ist.«
Die Methode, die hier entwickelt wird, richtet sich darauf, die Subjektivität des Denkens der Leute in ihrem Entstehen, Bestehen, Vergehen zu beschreiben und zu benennen. Als Erforschung der vielfältigen, situativen und überraschenden Subjektivität der Politik ist die Anthropologie des Namens auch selbst ein politisches Handeln.
Biographisches:
Sylvain Lazarus (geb. 1943) ist Professur Emeritus der Universität Paris 8 Saint-Denis und stets politischer Aktivist gewesen, zudem jedoch ein Anthropologe, der abseits der bekannten Wege ein Denken von großer Tragweite entwickelt, das die forschende Praxis als politische Aktion versteht.
Moritz Herrmann studiert Soziologie, Romanistik und Philosophie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
Clément Dréano ist Doktorand an der Universität von Amsterdam am Fachbereich
Anthropology of Health, Care and the Body.