Die Parallelität zwischen den Deutungsmethoden des Stifters der Psychoanalyse Freud und des Entzifferers der ägyptischen Schriften Champollion sorgt für Verwirrung. Während Freud in der Traumdeutung von 1899 feststellte, dass ein Traumelement eine phonetische Darstellung sein kann, und zwar unabhängig von dem bildlichen Inhalt, erkannte Champollion im Jahr 1822 genau dieses Verhältnis bei den Hieroglyphen. In Freuds Theorie tauchte zwar das hieroglyphische Element Determinativ nicht manifest auf, war jedoch in seiner Deutungspraxis wohl präsent.
»Grammagrammatik« ist ein Neologismus, der auf der Wortteilung Gramm-á-Gramm basierend zwei Aspekte der Schriftlichkeit illustriert: die Relationen zwischen Schriftsystemen im historischen Sinne sowie die zeitlosen Verbindungen zwischen Menschen, deren Wahrnehmungen u.a. schriftlich konstruiert, also geschrieben sind. Die Effekte alten Schreibens erweisen sich als noch heute lebendig.
»Dieses Konzept, das Grammagramm, das sich nach einer Reihe bzw. nach einer Vielfalt von Spuren und sprachlichen Objekten, das sich aus den immer neu sich stellenden Fragen gleichsam webt, hat [...] den Charakter eines neuen, unbekannten Objekts, das der zeitlichen Genese nicht zugänglich ist. Es ist ein zeitloses Element der in sich selbst vielgestaltigen Sprache, Zeichen.«
Marianne Schuller
»Bemerkenswert und faszinierend fand ich als Ägyptologe, wie der Vergleich der Schriften von Freud mit dem Hauptwerk Champollions zur Aufnahme des psychischen Determinativs in die psychoanalytische Theorie führt. Wer wissen möchte, wie dies begründet ist, kommt nicht umhin, den interessanten Darlegungen von Masaaki Sato im Detail zu folgen.«
Wolfgang Waitkus
Biographisches:
Masaaki Sato (geb. 1975) ist Psychoanalytiker und Supervisor in eigener Praxis in Berlin. Kulturforschung mit Akzent auf Schriftlichkeit sowie Psychoanalyse. Promotionsprojekt bei Friedrich A. Kittler und Marianne Schuller.