François Wahl gab seit den 1960er Jahren Lacan und Derrida heraus, war in die Publikation von Tel Quel involviert und brachte viele der heute berühmten Autoren zum französischen Verlag Éditions du Seuil. Als er schließlich sein eigenes Opus magnum vorlegte, wurde es von Seuil als »zu umfangreich« abgewiesen. Er musste zur Librairie Arthème Fayard wechseln, wo Le perçu schließlich 2007 erschien.
Es ist vor allem ein philosophisch schwieriges Werk. »Le perçu« lässt sich z.B. nicht mit »Das Wahrgenommene« übersetzen, weil es weder um Wahrheit noch um das Nehmen geht. »Das Perzept«, so will es Wahl übersetzt wissen, ist im Allgemeinen das Reale, insofern es von einem Subjekt wahrgenommen wird. Damit begibt er sich auf ein philosophisches Terrain, das spätestens seit Hume und Berkeley immer wieder aktuell wird. Gegen Husserl wendet er ein, dass er letztlich die Phänomenologie im Subjekt verankert, gegen Merleau-Ponty, dass er die Körperlichkeit des In-der-Welt-Seins als Totalität begreift, und gegen Heidegger, dass dieser wie die beiden Vorgänger die Logik nicht als solche anerkennt, sondern zugunsten des Verstehens verwirft. Auch Autoren wie Lacan und Badiou mit ihren brüchigeren Subjekt-Objekt-Konzeptionen verfehlen die Erfahrung einer prinzipiellen Konsistenz der Welt.
Wahls kritischer Entwurf bleibt also nicht ohne Konsequenzen sowohl für die Ontologie als auch für die Theorie des Subjekts.
Biographisches:
François Wahl (geb. 1925), lange Zeit literarischer Direktor für die theoretischen Werke bei Éditions du Seuil, hat in diesem Verlag mit einer außerordentlichen Sorge um Kohärenz Barthes, Lacan, Badiou und die ganze Generation der heute berühmten Strukturalisten herausgegeben. Infolge des Wechsels des Besitzers von Du Seuil und seiner eigenen Pensionierung hat er Das Perzept im Jahre 2007 bei Fayard veröffentlicht. 1996 war dem die Einführung in den Diskurs des Tableaus bei Du Seuil vorausgegangen.
Jürgen Brankel (1943-2013), studierte Literaturwissenschaft und Philosophie und schloss mit einem Doktorat an der Sorbonne und mit dem Staatsexamen in Hamburg ab. Seit den 1990er Jahren widmete er sich ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung und Übersetzungen aus dem Spanischen und Französischen. Für Turia + Kant übersetzte er u.a.. Vladimir Jankélévitch und Auguste Comte.