Gérard Granel Die totale Produktion

Technik, Kapital und die Logik der Unendlichkeit

Herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Erich Hörl

Aus dem Französischen von Laura Strack

Cover Gérard Granel war seit den 1960er Jahren eine der schillerndsten intellektuellen Gestalten außerhalb von Paris – als Autor, Lehrer, Übersetzer und Verleger. Er entscheidet sich bewusst für eine singuläre randständige Position in der Provinz. Seine Sprache und die Kraft seiner Polemik sind legendär. Philippe Lacoue-Labarthe hört bei ihm und steht »im Banne seiner Gewalt und Geradlinigkeit in der Bewegung, die aufs Wesentliche abzielt«; Jean-Luc Nancy wird von ihm habilitiert; Bernard Stiegler führt aus dem Gefängnis in der Nähe von Toulouse heraus einen Briefwechsel mit Granel, was seinen endgültigen Einstieg in die Philosophie bedeutet.

Im Begriff der totalen Produktion verdichtet sich Gérard Granels kritische Auseinandersetzung mit der metaphysischen Tradition zu einer Epochendiagnose für die industrialisierte Moderne. In einer ungewöhnlichen Zusammenführung der zentralen Denkbewegungen von Heidegger und Marx werden Technik und Kapital als Schlüsselakteure einer alles ergreifenden Logik der Unendlichkeit aufgewiesen, die seit den epistemologisch-technologischen Revolutionen der frühen Neuzeit nach und nach die geschichtliche Gestalt des Zeitalters bestimmt. Die entsprechende Grunderfahrung der modernen Welt, die Granel in ihrer ganzen ontologischen Vielschichtigkeit über ihre engere ökonomisch-industrielle Bedeutung hinaus zu erschließen sucht, lautet: Sein ist Produktion.

In zehn zwischen 1969 und 1992 entstandenen, nun erstmalig auf Deutsch vorliegenden Aufsätzen, Vorträgen und Vorlesungsauszügen zeichnet dieser Band nach, wie sich Granels höchst originäre Ontophänomenologie der Produktion in teils minutiösen Lektüren von Descartes, Hume, Feuerbach, immer wieder Marx, Husserl, Heidegger, Gramsci und Deleuze herausbildet und mit der unermüdlich wiederholten Forderung nach einem engagierten Denken der Endlichkeit verknüpft. Damit ist auch ein bislang im deutschen Sprachraum weitgehend unbekannt gebliebenes äußerst aktuelles philosophisches Werk von großer diagnostischer Kraft und Weitsicht zu entdecken, das im Schatten der Aufmerksamkeit für die gewaltige Pariser Theorieproduktion jener Jahre in der südwestfranzösischen Provinz heranreifte.

Biographisches:
Gérard Granel (1930-2000) war Professor für Philosophie an der Universität Toulouse, Autor, Gründer des Verlags Trans-Europ-Repress (T.E.R.) und herausragender französischer Übersetzer von Husserl, Heidegger, Gramsci, Wittgenstein, Hume und anderen. Sein prominent bei Gallimard, Galilée und Hermann erschienenes theoretisches Werk ist in zentralen Teilen der ungewöhnlichen Konstellierung von Dekonstruktion, historischem Materialismus und Phänomenologie und der philosophischen Archäologie der Neuzeit gewidmet und insgesamt von einer unbändigen Leidenschaft für die politische Auslegung der Moderne geprägt, wie der Dichter Michel Deguy schrieb. 2012 fand eine Dekade in Cerisy-la-Salle zu seinem Werk statt.
Erich Hörl, geb. 1967, ist Professor für Medienkultur und Medienphilosophie an der Leuphana Universität Lüneburg. Er arbeitet zu Problemen einer allgemeinen Ökologie der Medien und Techniken, zur Theorie und Geschichte der Kybernetisierung und zur Kritik des zeitgenössischen Vereinnahmungsapparates.
Laura Strack, geb. 1989, ist Theaterwissenschaftlerin und Literaturübersetzerin. Sie übersetzt geisteswissenschaftliche Texte, Prosa und Lyrik aus dem Französischen und Italienischen. Seit 2015 lebt sie auf Sizilien, wo sie zur Verbindung von Theater und politischer Theorie promoviert.
Buchdetails
ISBN 978-3-85132-974-2
16 x 24  , 281 S., € 32,-
Erstauflage: 2020
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EAN: 9783851329742
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